Wahlalter senken – JETZT

Jugendliche sind Träger demokratischer Grundrechte. Sie wollen und können ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen und eine Politik, die in die Zukunft trägt, mitgestalten. Dies darf man ihnen nicht länger verwehren.

Junge Menschen sind in vielfältiger Weise zivilgesellschaftlich engagiert. Sie wollen mitentscheiden und bis zur nächsten Legislaturperiode ist genug Zeit einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Es muss jetzt angegangen werden! Schon bei der diesjährigen U18-Wahl in Deutschland haben trotz der Pandemie 220.000 Kinder und Jugendliche gewählt und wünschen sich eine wahre Möglichkeit der Mitbestimmung (vgl. 2017: 1600 Wahllokale und 220.000 Stimmen).

Das Recht der Jugendlichen zu wählen, wird sich positiv auf die Politik auswirken. Politiker:innen würden die Jugendlichen als potenzielle Wähler:innen verstärkt ernst nehmen und deshalb die Interessen der Jugendlichen besser vertreten.

Es kann keine Zukunftspolitik gemacht werden, wenn die Menschen der Zukunft nicht mitentscheiden dürfen. Das Problem des Nicht-Wählen-Dürfens junger Menschen ist keine böse Absicht der Wählenden, sondern dem demografischen Wandel geschuldet, daher gilt es schlicht dies anzupassen. Auch bei der vergangenen Bundestagswahl im September 2021 war eine Ausgeglichenheit von unter 30-jährigen und über 60-jährigen Wählenden – aufgrund der alternden Bevölkerung – nicht gegeben.

Mit einer U18-Wahlmöglichkeit würden die ohnehin geltenden Grundsätze der allgemeinen und gleichen Wahl (Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz) berücksichtigt werden – sie sprechen für das Wahlrecht ohne Altersgrenze. Das Wahlrecht ist ein Recht, das allen Bürger:innen unabhängig davon zusteht, ob es tatsächlich ausgeübt wird oder nicht. Altersgrenzen sind daher willkürlich. Sonstige rechtliche Altersgrenzen dienen überwiegend dem Schutz Minderjähriger, häufig im Kontext der Gesundheit und der Entwicklungsgefährdung. Das Wahlrecht ist dagegen weder gesundheits- noch entwicklungsgefährdend, junge Menschen müssen also nicht davor geschützt werden. Die Anerkennung und rechtliche Verankerung eines Wahlrechts für Jugendliche wäre die Gewährung eines der bedeutendsten politischen Gestaltungsrechte in unserer Demokratie.

Auch die häufige Begründung, dass junge Menschen das Wahlrecht „nicht ernst nehmen“ würden, ist hinfällig. Denn – wie in vielen Ecken Deutschlands schon oft erklärt wurde – ist Adultismus keine Begründung für die Nichtzusprechung des Wahlrechts. Jungen Menschen wird seitens der Politik sehr wohl zugestanden, dass sie in der Lage sind, eigenständig und verantwortlich wichtige Entscheidungen zu treffen und sie werden sogar für strafmündig erklärt; eine logische Konsequenz ist daher die Absenkung des Wahlalters. Die Wahlaltersenkung ist somit ein klares Signal an junge Menschen dafür, dass nicht nur ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten sowie die an sie gestellten Erwartungen zunehmen, sondern auch ihre Rechte.

Zu betonen ist auch, dass das Wahlrecht zu Recht ein höchst persönliches Recht ist. Es kann nicht übertragen, abgetreten oder veräußert werden. Dies darf mit keiner Begründung zu Disposition stehen, weil damit enorme Gefahren für die Demokratie verbunden sind. Ein Stellvertreter:innenwahlrecht ist kein Ersatz für die eigene Meinungsäußerung. Dies gilt auch bei Wahlen und Abstimmungen.

Aufgrund all dieser Aspekte fordern junge Menschen und deren Interessenvertretungen, Politiker:innen und Wissenschaftler:innen schon lange eine Absenkung des Wahlalters. Aktuell dürfen 16-Jährige in elf Bundesländern bei Kommunal- und in vier Bundesländern bei Landtagswahlen wählen. Warum nicht endlich auch auf Bundesebene?

Gerade in den pandemischen Zeiten kamen und kommen die Defizite der Verankerung der Rechte von Kindern und Jugendlichen zum Vorschein. Die aktuellsten Jugendstudien zeigen einmal mehr, dass junge Menschen sich zu wenig gehört fühlen und mehr Mitbestimmung fordern. Was bei Erwachsenen 18 Monate – mit Einschränkungen sind, ist bei Kindern und Jugendlichen eine entwicklungsrelevante Zeit, die nicht so einfach aufgeholt werden kann!

Die Deutsche Chorjugend fordert:

  • Wir, junge Menschen, ihre Interessenvertretungen, jugendpolitisch Engagierte, Politiker:innen, und Wissenschaftler:innen, rufen deshalb die demokratischen Parteien im Bundestag dazu auf, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, jungen Menschen ab 16 das höchste Recht in der Demokratie zuteil werden zu lassen: das aktive Wahlrecht. Es gibt keinen Grund, damit noch länger zu warten!
  • Wir fordern eine offene Abstimmung, ohne Fraktionszwang. Die gesellschaftlichen Herausforderungen sind groß und können nur von allen Generationen gemeinsam gelöst werden. Viele Akteure haben sich hinter dem Thema vereint und so hat bspw. der Deutsche Bundesjugendring als Vertretung der jungen Menschen in Deutschland mit mehr als 1300 Unterzeichner:innen einen Aufruf an die Politik verfasst (auch wir haben diesen schon als Mitglied im DBJR im Frühjahr unterzeichnet). Darin forderte er alle Abgeordneten der demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag und den Landtagen sowie die Vertreter:innen der Landesregierungen im Bundesrat dazu auf, das aktive Wahlalter mindestens auf 16 Jahre abzusenken. Die Parteien, die bereits eine entsprechende Beschlusslage haben, werden aufgefordert, sich zu dieser zu bekennen und die Absenkung des Wahlalters auf mindestens 16 Jahre voranzubringen.

Erarbeitet von Teilnehmenden der Denkfabrik Chorjugendpolitik, darunter Vertreter:innen des DCJ-Bundesvorstands und der Chorjugend im Fränkischen Sängerbund, ausgehend von der DBJR-Position zu diesem Thema. Das Positionspapier wurde am 31.10.2021 auf dem Deutschen Chorjugendtag beschlossen.

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